Keksfresseralarm

Día de los niños – Tag der Kinder. Das hiess für mich am Abend davor Geschenke und Süssigkeiten verpacken, sowie Einladungen in den Schulen verteilen, am Freitagvormittag zusammen mit anderen Jugendlichen den Dorfplatz mit Luftballons schmücken und eine grosse PA-Anlage aus Cartagena rankarren. Um drei kamen sie dann in Reih, Glied und Schuluniform angeströmt – und die Hüpfburg war noch nichtmal fertig aufgeblasen. Dann fällt auch noch der Strom aus, sodas man alles umstöpseln musste, um es vom Notstromgenerator zu zapfen. Hat`s zwar n bissle länger gedauert, aber die Kleinen hatten trotzdem ihren Spass – fast 1000 auf einem Haufen. Bis um sechs Uhr gabs ein Programm auf der Bühne ( Treppenaufgang zur Kirche), mich hat man zum filmen "verdonnert" – was aber eigentlich garnicht so schlecht war, so konnte ich mich in die Kindermasse stürzen ( und überall, wo ich war, waren die Spiele und Raetsel auf der Bühne uninteressant, da die ganze Aufmerksamkeit einiger der Kamera gehörten
-



Alles unter den Augen der Herren Dorfpolizei und dem Militär. Mein Gott, das war vielleicht ein kranker Anblick, die mit ihren Maschinengewehren zwischen all den kleinen Würstchen

Grundstückbesetzer

Heute abend war wieder "Invasión". So nennen sie das Ereignis, wenn einer den Mut schöpft, ein unbebautes Stück Land von Abfall und allem möglichen mittels Brandrodung zu reinigen, um es sich unter den Nagel zu reissen; und dann alle anströmen, um es ihm nachzutun und ja nicht zu kurz zu kommen. Da warden dann Stecken und Schnüre angeschleppt und unter grosser Keilerei die kleinen Grundstücke abgesteckt.
Doch dieses Mal ging die Aktion komplett in die Hose, weil die Papiere des Besitzers der Fläche (ausnahmsweise) nicht gefälscht waren und er somit in der Lage war, die Polizei anrücken zu lassen.

mer verstaht me it

Da fragt sich einer, was er sich schon immer Mal fragen wollte: was bringt so einen Karibikkuestenpifke dazu, noch um fuenf vor fuenf mit der Aufgabe nachzuschlagen, was oder wer Leonardo Davinci war, in der Bibliothek zu erscheinen. Hier werden um fuenf die Schotten dicht gemacht. "Ja sag, was kommst du denn so spaet, deine Klassenkameradinnen sitzen schon seit zwei Stunden an der Aufgabe?" - "naja, aehhm,... ich brauch das halt bis morgen" - "ja hailandzackrament nochamoal, dir klopf i na gau s kraiz kromm, sauburscht elendige. wa glaubschn dua aigentlich wer dua bischt, ha" - "como, que dice?" un na verstoaht der mi it amol, oh was du, da kenscht drenaischlah!
Ne, ehrlich gesagt muss man ja doch froh sein, dass sie ueberhaupt kommen und ein bisschen Lernlust an den Tag legen. Vorallem bei der hier weit verbreiteten Einstellung, von wegen "mir gehts scheisse, aber aendern kann ich daran eh nichts" - Ein hiessiger Abiturient wuerde mit seinem Wissen bei uns gerade mal mit ach und krach die Hauptschule bestehen. (Das sag nicht ich, sondern die Schwester von der oesterreichischen Gruenderin)
"Jetz machescht aber na noare, des sag der em guada. Hascht me." Na sollsch dem Bua au no erklaera wa "Dichte" ischt, wo der doch no nia ebbes vo "Schweare" geschweigeden "Volumen" ( oder wias di grauskopfete hoaset) kaiert hat. ha di sent nemme gahts dicht, sen di...
Jedes Mal, wenn ich hier eine Schule betrete (was doch ziemlich oft der Fall ist, da neben dem "Nahrungsmittelversorgungsprojekt" hauptsaechlich im Kulturzentrum aushelfe und die da oefters mit den Schulen zusammenarbeiten) stelle ich mir vor wie ich wohl meine Schullaufbahn ausgesehen haette, wenn ich in so einer Umgebung meine ersten Buchstaben haette lernen muessen. In diesen Backsteinquadern herrscht ein Laermpegel, ohrenbetaeubend. Auf einem Holzbaenkchen sitzend, nichts weiter als eine Tafel an der Wand, waere fuer mich Konzentration unmoeglich. Ich rege mich nicht selten, aus welchem Grund auch immer, ueber eine/n meiner Mitarbeiter/innen auf und bekomme kurz danach ein schlechtes Gewissen, da sie ja auch keine andere Erziehung/Bildung/Kindheit/wasauchimmer genossen haben, wie meine neue Freundin "Dana" (7 Jahre) aus dem Nachbarhaus.

berufschulääähhh






so, na sass mer na halt gestern mit zwanzig so anderen Dorfweibsen (Mitarbeiterinnen in den Schulkuechen) im Ernaehrungs- und Haushaltsseminar; klingt hochgestochen und war eigentlich nur ein Vortrag von so nem GesundheitsministeriumsTypi. Da gings um Hygienebedingungen und sinnvolle Aufbewahrung von Lebensmitteln - alles eigentlich kaum neu, (fuer unser eins) eher Banalitaeten und schon garnicht hochspannend, das besondere daran war die Situation an sich: Lauter so vierzigjaehrige Tratschtanten und mitten drin, als einziges maenliches Wesen, so ne Weisshaut. Die ganze Bande ist aber total nett zu mir, karr ja immerhin ihre Bohnen in der Gegend rum. Auf dem Weg zu dem weitentferntesten Dorf ist das jetzt in der Regenzeit eine einzige Schlammschlacht.

Erfrischung

Angenehme fuenfundzwanzig Grad und Regen wie ich ihn selten gesehen habe - ihr koennt euch glaub' garnicht vorstellen welche Gluecksgefuehle es ausloest, sich nach einem Tag reissaecke-schleppen, einfach auf die Strasse zu stellen und nach 10 Sekunden bâtsch-nass zu sein.
el alemàn estaba "locesiendo", le faltaron tres tornillos y los otros dos ya estaban flojos

Kopfschuss

Vorgestern trat ich des Abends gegen halb acht vor die Tuer und sehe rechts von mir, keine fuenfzig Meter entfernt, eine reissige Menschenmenge. Auf die Frage, was den da los sei, sagt der Nachtwaechter:" ahja, da hamse einen uebern Haufen geballert" - per Strinschuss, mitten auf der Strasse. Der Zufall hat mich vor meiner eigenen Neugierde geschuetzt, denn als ich hinlief, hatte man die Leiche bereits in die Schule getragen, um sie dort von Gaffern fern zu halten. Der Schuetze ist fluechtig, und wahrscheinlich fuer die Polizei und alle andern nicht so wichtig, da der Tote keine Familienangehoerigen hatte und schwer Drogenabhaengig war. Ausserdem besteht in Kolumbien die Moeglichkeit die Zeit im Gefaengnis, durch die Bezahlung eines gewissen Entgelds von ca. 1000€, von 20 Jahren auf 3 Monate zu verkuerzen (- kein Scherz und schon mehrfach vorgekommen)
An diesem Abend dachte ich zum ersten Mal: "Scheiss-Land"

Mahlzeit



Ich habe zwei harte, überaus zufriedenstellende Tage hinter mir. Das neue Projekt zur Nahrungsmittelversorgung von vier Grundschulen ist angelaufen. Konkret bedeutete das für mich am Montagmorgen mit so einem riessen Schiff von Karren in die Innenstadt zu fahren, um auf dem Markt, durch den man schon zu Fuss kaum durchkomm, die bestellte Ware abzuholen. Mit “für Mami mal schnell was einkaufen gehen” hat das nicht mehr viel zu tun, da handelt’s sich zum Beispiel um 30 Säcke Reis a 50kg, knapp 500 Teller, Pfannen (in denen man ne Kuh am Stück braten könnte), Salz und Zucker sackweise …




Mit dem Kleinstransporter habe ich allerdings nur das Gemüse rumgekarrt, für den Rest wurde ein Lastwagen gemietet. Das Grünzeug hatte es aber dennoch insich – mein lieber Herr Gemüsedünster – und nicht nur, weil man an jeder Ampel Angst haben muss, dass sie dir das Zeug von der Ladefläche klauen (aber zum Glück gibt’s hier ja nicht so viele Ampeln, der Verkehr regelt sich von selbst. Jeder so wie er kann und der Grösste gewinnt, wobei die scheiss Motorradtaxis am nervigsten sind; da braucht’s jede Menge, dass sie dir nicht über die Windschutzschiebe wusseln).
Heil zuhause angekommen, hatte ich gar keine Zeit, mich auf meinen Chaufeurlorbeeren auszuruhen, da gleich nach mir der “Reislaster” ankam. Den ganzen Nachmittag war Säcke-in-die-Vorratskammer-schleppen angesagt. Auch am Folgetag war meinen Muskeln noch unklar, was sie da durchgemacht haben – denn der Kater kam erst am Mittwoch. (Das Ganze drei Tage später nochmal. Ich bekomm Arme wie ein Preisboxer.)
Am Dienstag haben wir einen Grossteil an die Schulen verteilt, ich kann mich ernsthaft nicht mehr daran erinnern, das letzte Mal so nach Huhn gestunken zu haben. Dafür weiss ich jetzt, wie man kleine Kolumbianer glücklich macht: ans Lenkrad setzten und ein Mal hupen lassen. Die sind mir hinter dem Karren hergesprungen, als hätten sie sowas noch nie zuvor gesehen. (Nach dem Anfahren hinten Draufspringen konnte ich dann aber nicht durchgehen lassen)
Gekocht wird in den Schulen von den Mamis (die dafür eine kleine Aufwandsentschädigung bekommen); strickt nach Plan, um Ernährungsgehalt zu garantieren. Meine Aufgabe wird in der folgenden Zeit sein, in den Küchen so stichprobenartig nach dem Rechten zu sehen (Hygiene, etc.) und jede Woche einzukaufen, was fehlt.
Endlich mal ne Arbeit die schnell sichtbare Früchte trägt.

Hahnenkampf

Vergangenes Wochenende habe ich mich meiner ehemaligen Lieblingsbeschäftigung gewidmet: dem sich die Nacht um die Ohren schlagen. Was anfangs in einem sinnlosen Besäufnis zu enden schien, entwickelte sich als höchst interessantes Kulturprogramm. Ervin und mich hat es zu später Stunde, und nicht mehr ganz nüchtern, in eine Spelunke verschlagen ( also bitte schön, was heisst hier “Spelunke”, es handelte sich schliesslich um die, zu der Zeit best besuchteste Dorfdisco – was vielleicht auch daran liegen mag, dass überall sonst das Bier ausgegangen war ). In einem Nebenraum tat sich so eine Art Amphietheater im Kleinformat auf, in dessen Mitte sich zwei Hähne gegenseitig die Augen ausstachen. Ringsherum die gröhlende, mit Geldscheinen schmeissende Masse – ganz hässlicher Zeitvertreib. Wenn es dabei Regeln geben sollte, habe ich sie nicht verstanden; nur wann der Kampf beendet ist, ist sehr leicht zu erkennen…

guter Tag

Es gibt gute Tage. Wie zum Beispiel dieser Freitag, an dem hier Feiertag ist. Haben die Zeit genutzt um die "Popa" zu erklimmen - ein grosser Berg mitten in Cartagena (ne Pilgerstaette, zu der man, um ein erfuelltes Leben zu fuehren, mindestens einmal auf Knien hochkrabbeln muss) Beim Aufstieg findet an jeder Serpentinenkurve zwei Streifenpolizisten, warum die da stehen hat mir Erbin erst erklaert, als wir schon wieder auf dem Weg nach Pasacaballos waren: Das Viertel rund um die "Popa" ist eine ziemlich arme Gegend und da der Berg komplett mit Wald bedeckt ist, findet man am Abhang immer mal wieder eine Leiche - Ueberfall.
Die Heimfahrt war ein Abenteur fuer sich, da wir um sieben erfahren haben, dass der letzte Bus ins Dorf um halb sieben gefahren ist. Hier wirds um sechs dunkel. Da war mein privater Reiseleiter auch erstmal ein wenig ratlos und gab des Oefteren den ihm von mir beigebrachten Notruf von sich: "oh was du, des hat doch kei Zukunft"
Ist man dann halt bis an Stadtrand gefahren und hat's sich's auf ner Lastwagenladenflaeche bequem gemacht. Also ich mein man haette auch n Taxi nehmen koennen, aber blos weil man hier der verhaeltnismaessig reiche "mono" ist, braucht man das Geld ja nicht zum Fenster rausschmeissen.









Arschbiss


bin also gerade im Internetcafe und hoer "das Ding", endlich mal wieder vertraute Musik.
Und was muss ich da erfahren ..... eche no joda, hijo de puuuuddaaa.
PEARL JAM kommt nach Neu Hausen, und ich ... oh was du

spaziergang

Letzten Sonntag hab ich beim Dorfbingo ne Salatschuessel gewonnen - geil was !? Danach war ich mit dem Erbin den ganzen Nachmittag unterwegs. Wir haben Bilder von Abflusskanaelen gemacht, die wir mit Unterstuetzung der benachbarten Firmen reinigen wollen. Es folgen Eindruecke von dem Saustall, der, wenn die Regenzeit einsetzt, alle Kanaele verstoppft und somit einen Grossteil der Strassen in Pasacaballo unter Wasser setzt. Krankheitserreger hoch 15

Jetzt hab ich zum ersten Mal die Ausmasse von meinem neuen "Dorf" gesehen. Ganz schoen gross. Da gibts ein Randgebiet, in dem hauptsaechlich Zuwanderer aus dem Inland mit Stoecken, Karton und gesammeltem Plastik versuchen, Huetten zu bauen. Und das auf einem Gebiet, das ihnen gar nicht gehoert, fuer das sie keine Papiere besitzen. Ziemlich sicher wird das die Regierung/Polizei in nicht all zu langer Zeit wieder abreissen.